Dunkelheit! Seit drei Tagen sitzen wir nun in diesem Drecksloch fest. Sonnen- und Mondfinsternis geben sich die Klinke in die Hand und lassen keinen Lichtblick zu. Viel schlimmer jedoch ist dieses ständige Klopfen. Nein, das ist kein einfacher Dauerregen. Hier spielen sämtliche Regenarten Schlagzeug auf dem Dach unserer notdürftigen Unterkunft. Da der Wind jetzt wieder deutlich aufflaut, müssten wir das Dach zusätzlich stützen. Doch leider kann ich mit meinem gebrochenen Bein nicht wirklich etwas ausrichten. Durch die Anstrengungen von gestern hat sich die Stelle, an der der Knochen aus dem Unterschenkel klafft, entzündet. Der Whisky zur physischen Desinfektion und psychischen Schmerzlinderung ist schon lange leer. Was bleibt, ist das mit einem Zippo notdürftig abgekochte Regenwasser, da sämtliches Feuerholz entweder bis zum Anschlag durchtränkt oder durch die inzwischen zu reißenden Flüssen mutierten Bäche längst weggespült ist. Die Wassermassen haben heute Morgen zusätzlich ein paar unserer Leute und einen Teil der Ausrüstung mitgerissen. Jetzt müssen wir zwar weniger Mäuler stopfen, haben aber auch weniger Proviant zur Verfügung. Im Moment erscheint die Situation ausweglos. Vielleicht wird das mein letzter Eintrag, da ich spüre wie die Schmerzen in meinem Bein überhand nehmen und die Kraft für derartige Anstrengungen zur Neige geht. Das blanke Überleben ist jetzt wichtiger. Allein während der letzten 20 Minuten bin ich drei Mal ohnmächtig geworden, nur um wenig später in einer Lache aus Erbrochenem wieder aufzuwachen. Und die Schmerzen haben mich jedes Mal aufs Neue begrüßt, um mir feist ins Gesicht zu lächeln: „Schön, dass Du wieder da bist, wir hatten dich schon vermisst. So, und jetzt sei ein Schatz und wisch den Platz.“.
Was zu wenig Schlaf, nächtliches Gewitter und Regenmassen aus einem Menschen machen kann…
Geweckt wurden wir nach unserer Nacht im Arthur‘s National Park tatsächlich von Regentropfen und dem allmorgenlichen Schrei nach Milch. Nachdem das Wetter leider nicht besser wurde, haben wir beschlossen, diesen Nationalpark hinter uns zu lassen und weiter zu den Pancake Rocks in Punakaiki zu fahren. Nach einem Abstecher in Greymouth – unsere Essensvorräte mussten aufgefüllt werden und es gab die erste Neuseeländische Pizza zu Mittag – sind wir dann am Nachmittag bei den einzigartigen Pancake Rocks angekommen. Wahnsinn, was die Natur uns hier bietet – jedoch leider bei Regen. Um diesem zu entfliehen, checken wir den Wetterbericht und entscheiden kurzerhand, erneut am Abend, wenn die beiden Kleinen schlafen, die Alpen zu überqueren und zum 350 km entfernten Abel National Park zu fahren. Denn dort soll das Wetter morgen besser sein – die Sonne soll sogar scheinen! Um die Zeit bis zur „Nachtfahrt“ zu überbrücken, fahren wir nach Westport, einem verschlafenen Nestchen – kein Mensch ist auf der Straße zu sehen. Dafür entdecken wir auf Anhieb den „Intreff“ der Stadt – eine Kneipe mit Restaurantanbau inklusive Billardtischen und Spielautomaten in der Ecke. Unser großes Glück versuchen wir hier nicht, auch wenn Marcello förmlich die Million schon riechen kann. Dafür gibt’s zwei Körbe mit Spielsachen für die Kinder – strickt nach Geschlecht aufgeteilt: die Jungs bekommen Handschellen, Autos und einen Zug und die Mädels Barbies, Puppengeschirr und Kuscheltiere. So lebt es sich also in Westport. Nach einem schnellen Abendessen im Subway geht es dann los zum Abel Tasman National Park – bei strömenden Regen. Aber unser Fahrer schlägt sich gut und auf der Suche vor Ort nach einem Schlafplatz entscheiden wir uns für ein Neubaugebiet ohne Häuser, nur mit erschlossenen Bauflächen und Straßenlampen. Zum Glück weit und breit keine Polizei ;o)